Überstundenzuschläge von Teilzeitkräften: Schwellenwert für Mehrflugvergütung darf bei Voll- und Teilzeitpiloten nicht gleich sein
Bisher sahen viele Arbeits- und Tarifverträge vor, dass Teilzeitkräfte erst dann Überstundenzuschläge erhalten, wenn sie die regelmäßige Arbeitszeit einer Vollzeitkraft überschreiten. Doch das sieht der Europäische Gerichtshof (EuGH) kritisch, so dass Teilzeitkräfte nun die Chance haben, wesentlich schneller zu Überstundenzuschlägen zu kommen als bisher.
Nach dem Tarifvertrag der Lufthansa CityLine steigt der Stundenlohn des Cockpitpersonals im Kurzstreckenbetrieb ab der 106. Flugdienststunde eines Monats bzw. im Langstreckenbetrieb ab der 93. Flugdienststunde eines Monats. Ein in Teilzeit beschäftigter Pilot meinte, hierdurch unzulässig benachteiligt zu werden: Die benannten Schwellenwerte für den höheren Stundenlohn müssten entsprechend seiner Teilzeitquote sinken. Der Arbeitgeber wandte hingegen ein, diese einheitlichen Auslösegrenzen seien sachlich gerechtfertigt, weil die sogenannte Mehrflugvergütung dem Ausgleich einer besonderen Arbeitsbelastung diene. Schließlich wurde geklagt und das Bundesarbeitsgericht legte den Fall dem EuGH vor.
Der EuGH bestätigte, dass die tarifliche Regelung Teilzeitkräften für die gleiche Zahl geleisteter Arbeitsstunden insgesamt dasselbe Gehalt sichert wie Vollzeitkräften. Dennoch benachteilige die Regelung Teilzeitkräfte, weil diese im Verhältnis zu ihrer vertraglichen Arbeitszeit mehr Flugdienststunden leisten müssen, um in den Genuss der Mehrflugvergütung zu kommen. Und eine sachliche Rechtfertigung dafür konnten die Richter nicht erkennen.
Hinweis: Vorausgesetzt, Arbeitgeber zahlen Zuschläge für Überstunden, dürften diese nun auch in aller Regel für Teilzeitkräfte zu zahlen sein, sobald diese ihre individuelle persönliche Arbeitszeitüberschreiten und damit Überstunden leisten.
EuGH, Urt. v. 19.10.2023 - C-660/20