Einsichtsrecht des Pflichtteilsberechtigten in grundbuchrechtliche Kostenrechnung bei lebzeitiger teilentgeltlicher Grundstücksübertragung
Der Beschluss des OLG München befasst sich mit dem Recht eines Pflichtteilsberechtigten auf Einsicht in eine grundbuchrechtliche Kostenrechnung. Das OLG München entschied, dass der Pflichtteilsberechtigte ein berechtigtes Interesse an der Erteilung einer Abschrift der Kostenrechnung bezüglich einer teilentgeltlichen Grundstücksübertragung haben kann.
Die verstorbene Erblasserin hatte zu Lebzeiten mit notariellem Vertrag einen Miteigentumsanteil eingetragen im Wohnungsgrundbuch, im Wege einer teilentgeltlichen Schenkung auf einen ihrer Söhne übertragen.
Der weitere pflichtteilsberechtigte Sohn beantragte beim Grundbuchamt neben der Überlassung der Notarverträge und der Bewilligungen auch die Überlassung der Kostenrechnung im Hinblick auf den Wert der Immobilie.
Das Grundbuchamt lehnte die Überlassung der Kostenrechnung ab. Zur Begründung führte es an, es liege kein berechtigtes Interesse des Pflichtteilsberechtigten vor. Die gerichtliche Kostenrechnung zur Veräußerung der Erblasserin dürfe dem Pflichtteilsberechtigten nicht überlassen werden, weil er nicht Kostenschuldner sei. Den Wert des Grundbesitzes habe er selbst zu ermitteln. Durch Einsicht in das Grundbuch habe er ausreichend Gelegenheit die notwendigen Daten für die Wertermittlung zu ermitteln. Sollte diese Einsicht nicht genügen, habe er einen Auskunftsanspruch nach §2314 BGB, sodass ein Interesse an der Aushändigung der Kostenrechnung nicht bestehe.
Hiergegen wandte sich der Pflichtteilsberechtigte mit einer Beschwerde vor dem Oberlandesgericht. Das OLG München entschied, dass der Pflichtteilsberechtigte ein berechtigtes Interesse an der Einsicht in die Grundakten und in die Kostenrechnung habe.
Ein berechtigtes Interesse sei gegeben, wenn ein verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse des Antragstellers dargetan wird, das auch mit einem wirtschaftlichen Interesse begründet werden kann.
Da dem Pflichtteilsberechtigten ein Pflichtteilsergänzungsanspruch gemäß §2325 Abs.1 BGB zustehen kann, weil die Übertragung im Wege einer teilentgeltlichen Schenkung erfolgte, hat der Pflichtteilsberechtigte ein nachvollziehbares wirtschaftliches Interesse, den Wert des veräußerten Grundstücks zu erfahren, da hiervon die Höhe des Pflichtteilsergänzungsanspruchs abhängt. Um diesen korrekt zu ermitteln, ist die Kenntnis von dem Grundstückswert erforderlich. Zwar sei der in der Kostenrechnung des Notars zugrunde gelegte Gegenstandswert nicht verbindlich, jedoch liefere er zumindest einen tragfähigen Anhaltspunkt.
Es bestehe kein überwiegendes schutzwürdiges Interesse des Erwerbers an der Geheimhaltung des Gegenstandswerts, weil damit keine Offenbarung seiner finanziellen oder sonstigen persönlichen Verhältnisse verbunden ist.
Dass der Pflichtteilsberechtigte einen Auskunftsanspruch nach §2314 Abs.1 BGB hat steht dem Einsichtsrecht nicht entgegen. Der Pflichtteilsberechtigte kann ein gerade ein berechtigtes Interesse daran haben, die Richtigkeit einer ihm erteilen Auskunft durch eigene Einsichtnahme zu prüfen.