Fortsetzung einer GbR nach Tod eines Gesellschafters
Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) kommt schon dann zustande, wenn sich die Gründungsgesellschafter „per Handschlag“ verabreden, die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks zu fördern. Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag ist grundsätzlich nicht erforderlich und wird daher oftmals auch nicht gefasst. In diesem Fall ergeben sich die relevanten Regelungen zur GbR aus dem Gesetz, hier den §§ 705 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).
Für eine GbR ohne schriftlichen Gesellschaftsvertrag hat sich die Rechtlage bei Tod eines GbR-Gesellschafters zum 1. Januar 2024 durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) geändert. Vor der Gesetzesänderung führte der Sterbefall eines GbR-Gesellschafters nach den gesetzlichen Vorschriften zur Auflösung und Auseinandersetzung (Liquidation) der Gesellschaft (§§ 727, 730 BGB a.F.). Ohne (einstimmigen) Fortsetzungsbeschluss der GbR-Gesellschafter waren somit das Gesellschaftsvermögen in Geld umzusetzen, Verbindlichkeiten der GbR zu befriedigen, ein hiernach verbleibender Überschuss unter den Gesellschaftern im Verhältnis ihres Anteils am Gewinn zu verteilen oder ein verbleibender Verlust von den Gesellschaftern im vorgenannten Verhältnis anteilig auszugleichen.
Somit konnte die Zerschlagung des Gesellschaftsvermögens im Falle des Todes eines Gesellschafters nach alter Rechtslage nur durch einen rechtzeitig vereinbarten GbR-Gesellschaftsvertrag und einer darin enthaltenen „Nachfolgeklausel“ und/oder „Fortsetzungsklausel“ rechtssicher vermieden werden, welche die Fortsetzung der GbR und/oder die Nachfolge in den GbR-Anteil eines verstorbenen Gesellschafters regelte.
Seit dem 1. Januar 2024 stellt sich die Rechtslage auf den ersten Blick anders dar. Denn in Folge der durch das MoPeG am 1. Januar 2024 in Kraft getretenen Rechtlage gilt das neue Leitbild der „Verbandskontinuität“ der GbR (§ 723 Abs. 1 BGB n.F.). Frühere Auflösungsgründe führen seither nur noch zum Ausscheiden des GbR-Gesellschafters, in dessen Person dieser Grund eingetreten ist, und somit zur Fortsetzung der Gesellschaft. Gemäß § 723 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F. führt auch der Tod eines GbR-Gesellschafters nicht mehr automatisch zur Auflösung der Gesellschaft. Stattdessen scheidet dieser Gesellschafter mit seinem Tod aus der GbR aus und die Gesellschaft wird mit den verbleibenden GbR-Gesellschaftern fortgesetzt. Eine Ausnahme gilt für den Fall des Todes und Ausscheidens des vorletzten Gesellschafters. Grundsätzlich ist der Fortbestand einer GbR somit künftig auch ohne Nachfolgeklausel und/oder Fortsetzungsklausel in einem GbR-Gesellschaftsvertrag gewahrt.
Allerdings dürfte dieses neue gesetzgeberische Leitbild der Verbandskontinuität einer GbR auch künftig in vielen Fällen nicht ohne ergänzende Regelungen innerhalb eines GbR-Gesellschaftsvertrages tragfähig sein. Denn das Ausscheiden eines verstorbenen Gesellschafters führt zu einem Abfindungsanspruch seiner Erben (§ 728 Abs. 1 HGB n.F.), der nicht selten die vom Gesetzgeber eigentlich vorgesehene Fortsetzung der GbR gefährden wird. Beispielsweise wird für eine Grundbesitz-GbR, welche nicht über die zur Abfindung der Erben ausreichende Liquidität verfügt, die vom Gesetzgeber vorgesehene Fortführung der GbR nur bedingt möglich und in vielen Fällen die Verwertung des Gesellschaftsvermögens bzw. der Immobilie erforderlich werden, um die Abfindung aufbringen zu können.
Daher wird der Fortbestand einer GbR auch nach Inkrafttreten des MoPeG in vielen Fällen nur durch einen geeigneten GbR-Gesellschaftsvertrag gewährleistet werden können. Innerhalb dieses Gesellschaftsvertrages können beispielsweise liquiditätsschonende Regelungen zur Höhe und Zahlweise der Abfindung an die Erben oder eine Nachfolgeklausel getroffen werden, welche die Nachfolge der Erben in die Gesellschafterstellung des Erblassers regelt. In dieser Nachfolgeklausel könnte auch vorgesehen werden, dass nicht jeder Erbe der GbR-Gesellschafter in die GbR-Gesellschafterstellung des verstorbenen Gesellschafters nachfolgen soll, sondern nur bestimmte Personen (qualifizierte Nachfolgeklausel).
In jedem Fall hat die Nachfolgeklausel den Vorteil, dass der oder die Erben des verstorbenen Gesellschafters am Fortbestand der GbR weiter wirtschaftlich partizipieren und das Gesellschaftsvermögen nicht mit einem Abfindungsanspruch der Erben belastet wird. Denn in vielen Fällen wird nur durch eine Nachfolgeklausel eine wirtschaftliche Schieflage oder gar die Zerschlagung (Verwertung) des Gesellschaftsvermögens, z.B. durch einen Immobilien-verkauf, vermieden werden können.
Das neue gesetzliche Leitbild der „Verbandskontinuität“ der GbR gilt nach § 712a Abs. 1 S. 1 BGB allerdings (weiterhin) nicht für eine GbR mit nur zwei Gesellschaftern. Denn hiernach erlischt die Gesellschaft im vorgenannten Fall einer zweigliedrigen GbR ohne Liquidation, wenn nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters nur noch ein Gesellschafter verbleibt. In dem Fall geht das Gesellschaftsvermögen zum Zeitpunkt des Ausscheidens des vorletzten Gesellschafters im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den verbleibenden Gesellschafter über (§ 712a Abs. 1 S. 2 BGB). Dies hat für diesen zuletzt verbliebenen GbR-Gesellschafter zur Folge, dass dieser den Erben des ausgeschiedenen Gesellschafters die Auszahlung von dessen Abfindungsguthaben persönlich schuldet. Die Erben wiederum haben keine Möglichkeit, ohne Zustimmung dieses zuletzt verbliebenen GbR-Gesellschafters an der Gesellschaft und deren Vermögen (z.B. einer Immobilie) weiter beteiligt zu bleiben.
Der rechtssichere Fortbestand einer zweigliedrigen GbR wird daher nur durch einen geeigneten GbR-Gesellschaftsvertrag rechtssicher gewährleistet werden können. Dieser Gesellschaftsvertrag könnte eine „Nachfolgeklausel“ enthalten, um die Nachfolge der Erben eines verstorbenen Gesellschafters in dessen GbR-Gesellschafterstellung und damit die Fortsetzung der GbR über den Tod der GbR-Gesellschafter hinaus zu regeln. Hierdurch könnten die Erben des verstorbenen Gesellschafters am Fortbestand der GbR weiter wirtschaftlich partizipieren, während der verbleibende (letzte) GbR-Gesellschafter nicht mit einem Abfindungsanspruch der Erben des verstorbenen Gesellschafters belastet würde. Auch könnte in diesem GbR-Gesellschaftsvertrag vorgesehen werden, dass nicht jeder Erbe der GbR-Gesellschafter in die GbR-Gesellschafterstellung des verstorbenen Gesellschafters nachfolgen soll, sondern nur bestimmte Personen (qualifizierte Nachfolgeklausel).
Bei der Gestaltung eines interessengerechten GbR-Gesellschaftsvertrags und einer Nachfolgeklausel werden Sie insbesondere im Gesellschaftsvertrag spezialisierte Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte gerne unterstützen. Gleiches gilt für einen GbR-Gesellschaftsvertrag, der im Hinblick auf Regelungen zur Nachfolge der GbR-Gesellschafter noch lückenhaft ist und daher der Ergänzung bedarf.
Bitte beachten Sie: Die vor dem 1. Januar 2024 geltende Rechtslage (die u.a. im Falle des Todes eines GbR-Gesellschafters zur Auflösung der GbR führte) bleibt mangels anderweitiger vertraglicher Vereinbarung dann weiter anzuwenden, wenn ein Gesellschafter bis zum 31. Dezember 2024 die fortgesetzte Anwendung dieser Vorschriften gegenüber der Gesellschaft schriftlich verlangt (Voraussetzung: Innerhalb dieser Frist und vor diesem Verlangen ist noch kein zur Auflösung der Gesellschaft oder zum Ausscheiden eines Gesellschafters führender Grund eingetreten). Dieses Verlangen der Fortgeltung der alten Rechtslage kann nur durch einen Gesellschafterbeschluss der GbR zurückgewiesen werden.