Pflichtteilsstrafklausel im Testament – Wann erfolgt die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs „entgegen dem Willen“ der Eltern?

In dem vom OLG Zweibrücken mit Beschluss vom 09.07.2025 entschiedenen Fall, hatte eine Tochter nach dem Eintritt des Erbfalls ihres Vaters, von ihrer länger lebenden Mutter den Pflichtteil am Nachlass des Vaters gefordert. 

Der Fall:
Die Eltern hatten in einem gemeinschaftlichen Testament eine Pflichtteilsstrafklausel vorgesehen, wonach, für den Fall, dass eines der Kinder nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten „entgegen dem Willen“ des überlebenden Ehegatten einen Pflichtteils- oder Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend macht und diesen auch erhält, er nicht Erbe des Längstlebenden sein soll.
Die Tochter hat nach dem Erbfall ihres Vaters zunächst Auskunftsansprüche und sodann die daraus folgenden Pflichtteilsansprüche gegen ihre Mutter geltend gemacht. Die Auskunftsansprüche hat die Mutter anerkannt. Die aus den Auskünften resultierenden Pflichtteilsansprüche hat sie der Tochter gegenüber auch erfüllt. Ein Rechtsstreit wurde nicht geführt.
Nach dem Erbfall ihrer Mutter, verlangte die Tochter nun auch ihr Erbe. Streitig war nunmehr die Frage, ob die Geltendmachung und der Erhalt des Pflichtteils gegen die Mutter, seinerzeit nach dem Erbfall des Vaters „entgegen dem Willen“ der Mutter erfolgt sind.

Die Entscheidung des OLG Zweibrücken:
Das OLG Zweibrücken legte die Pflichtteilsstrafklausel aus und kam zu dem Ergebnis, dass die Geltendmachung und der Erhalt des Pflichtteils „entgegen dem Willen“ der Mutter erfolgte weil die Tochter ohne vorheriges Einvernehmen und in konfrontativer Weise gehandelt habe. 

Anerkennung des Auskunftsanspruch und die Erfüllung der Pflichtteilsansprüche ohne vorherigen Rechtsstreit, ist unerheblich
Die Anerkennung des Auskunftsanspruchs und die Auszahlung des Pflichtteils durch die Mutter, änderten nichts an der Tatsache, dass die Geltendmachung „entgegen dem Willen“ der Mutter erfolgte.
Die Formulierung der Eheleute „entgegen dem Willen“ sei nicht dahingehend auszulegen, dass zunächst eine ausdrückliche Verweigerung des Pflichtteilsanspruch bzw. eine gerichtliche oder sonstige Auseinandersetzung erforderlich sein sollte, damit die Klausel greift. Dies würde zu erhebliche Unsicherheiten führen, mit welcher Intensität gegen den Willen des Längerlebenden vorgegangen werden muss. Zudem sei es nicht möglich, das subjektive Empfinden der Beteiligten und deren persönlichen Umgang mit Konflikten zu berücksichtigen. Dass jemand seinen entgegenstehenden Willen nicht äußert, sei nicht gleichbedeutend damit, dass ein entgegenstehender Wille nicht auch tatsächlich besteht. Hiervon könne das Eingreifen der Pflichtteilsstrafklausel nicht abhängen. 

Handeln entgegen den Anordnungen im gemeinschaftlichen Testament spricht für die Missachtung des Willens der Eltern
Indem die Tochter entgegen den Anordnungen im gemeinschaftlichen Testament der Eltern gehandelt und zunächst Auskunft und sodann die Auszahlung des Pflichtteils verlangt hat, habe sie den Willen der Eltern erkennbar missachtet, den Längerlebenden nicht mit Pflichtteilsansprüchen zu konfrontieren. Zudem sei die Geltendmachung des Auskunftsanspruchs durch ein anwaltliches Schreiben „zur vorläufigen Durchsetzung des Pflichtteilsrechts“ erfolgt, was nicht auf eine einvernehmliche, sondern vielmehr konfrontative Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs hindeute.
Dass die Mutter die Auskunft erteilt und auch die sich daraus ergebenden Pflichtteilsansprüche erfüllt hat, ohne sich auf einen (Rechts-) Streit mit ihrer Tochter einzulassen oder gar eine Verurteilung zu riskieren, sei letztlich unerheblich.

 

Beschluss des OLG Zweibrücken vom 09.07.2025 – Az. 8 W 56/24

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