Steuerliche Behandlung von niedrig verzinsten Darlehen innerhalb der Familie – Keine Orientierung an pauschalen Zinssätzen, sondern an tatsächlichen Marktdaten

30.04.2025
Erstellt von Deniz Karadeniz

Sachverhalt

Der Kläger erhielt von seiner Schwester ein Darlehen in Höhe von 1.875.768,05 €, das rückwirkend zum 1. Januar 2016 mit 1 % verzinst wurde. Das Darlehen war auf unbestimmte Zeit gewährt und konnte erstmals zum 31. Dezember 2019 gekündigt werden. Das Finanzamt setzte daraufhin eine Schenkungsteuer von 229.500 € fest, da es die verbilligte Überlassung der Darlehenssumme als freigebige Zuwendung ansah. Es bewertete den Nutzungsvorteil anhand eines Zinssatzes von 5,5 % gemäß § 15 Abs. 1 BewG und setzte den steuerpflichtigen Erwerb auf 785.008 € fest.

Urteil

Der Bundesfinanzhof entschied, dass die Gewährung eines nicht marktüblich verzinsten Darlehens als gemischte Schenkung zu versteuern ist. Dabei kann der gesetzlich festgelegte Zinssatz von 5,5 % nicht herangezogen werden, wenn ein niedrigerer marktüblicher Wert für vergleichbare Darlehen feststeht. Das Finanzamt hatte den Nutzungsvorteil anhand eines pauschalen Zinssatzes von 5,5 % gemäß § 15 Abs. 1 BewG berechnet. Der BFH stellt jedoch klar, dass dieser Zinssatz nicht herangezogen werden darf, wenn ein niedrigerer marktüblicher Wert für vergleichbare Darlehen feststeht.

Bei niedrig verzinsten Darlehen sei die für die schenkungssteuerrechtliche Steuerberechnung maßgebliche Zinsdifferenz aus dem Unterschied zwischen dem vereinbarten Zinssatz und dem sich aus §15 Abs.1 BewG ergebenden Zinssatz zu bilden. Durch die Formulierung des 2. Hs. In §15 Abs.1 BewG „wenn kein anderer Wert feststeht“ habe der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass grundsätzlich vom gemeinen Wert der Nutzung iHv 5,5% auszugehen sei, ein anderer Wert aber dann herangezogen werden könne, wenn dieser feststehe. Das Finanzgericht hat festgestellt, dass die Darlehenszinsen für wirtschaftlich selbständige Personen bei einer Zinsbindung von 1 bis 5 Jahren im Durchschnitt des Jahres 2016 bei 2,81 % effektiv gelegen haben. Es hat zudem festgestellt, dass die Differenz zwischen dem vereinbarten Zinssatz von 1% und dem laut Angaben der Bundesbank zu zahlenden Zinssatz von 2,81 % nominal 1,81 % betragen hat. Trotz dieser Feststellung, dass ein marktüblicher Zinssatz von 2,81 % zu zahlen gewesen wäre, sei das Finanzgericht fehlerhafterweise zu dem Ergebnis gekommen, dass ein niedrigerer als der in §15 Abs.1 BewG festgelegte Zinssatz nicht feststehe. Dies sei widersprüchlich. In einem Fall in dem das Finanzgericht einen anderen marktüblichen Zinssatz festgestellt hat, kann der in §15 Abs.1 BewG normierte gesetzliche Zinssatz nicht herangezogen werden. Auch ist der Steuerpflichtige nicht verpflichtet, einen anderen Wert nachzuweisen. Dies sei dem Wortlaut des §15 Abs.1 BewG nicht zu entnehmen. 

Damit musste nach dem BFH die ursprüngliche Berechnung des Finanzamts korrigiert werden. Aufgrund der neuen Berechnung wurde die Schenkungsteuer von 229.500 € auf 59.140 € reduziert. 

 

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