Eigentumsvorbehalt und Aussonderungsrecht: Ihre Rechte im Insolvenzfall

Der Eigentumsvorbehalt ist ein bewährtes Mittel, um gelieferte Waren bis zur vollständigen Zahlung zu sichern. Bei einer Insolvenz stellt sich die Frage, welche Rechte Sie als Lieferant haben und wie Sie diese effektiv geltend machen.

Bei einem einfachen Eigentumsvorbehalt bleiben Sie bis zur vollständigen Bezahlung der von Ihnen gelieferten Ware deren Eigentümer. Hierdurch kann Ihnen ein einfacher Eigentumsvorbehalt das sogenannte Aussonderungsrecht verschaffen, sodass Sie die im Besitz des insolventen Kunden befindlichen Waren aus der Insolvenzmasse herausverlangen können. Hierzu sollte der Kontakt zu Ihrem Kunden im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über dessen Vermögen ausschließlich über den Insolvenzverwalter erfolgen. Sofern Sie die Ware bereits geliefert aber noch keine Zahlung erhalten haben, hat der Insolvenzverwalter grundsätzlich das Recht zu wählen, ob er den Kaufvertrag noch erfüllt oder nicht. Möglicherweise war der Kaufvertrag aus Sicht der Masse lukrativ und soll daher Bestand haben.


Daher sollten Sie den Insolvenzverwalter zunächst auffordern, das vorgenannte Wahlrecht auszuüben. Sollte der Insolvenzverwalter sich gegen die Erfüllung des Kaufvertrags entscheiden, bestünden infolge des von Ihnen mit dem Kunden vereinbarten Eigentumsvorbehalts das vorgenannte Aussonderungsrecht, d.h. das Recht, die nach wie vor in Ihrem Eigentum stehende Ware aus der Insolvenzmasse auszusondern bzw. herauszuverlangen. Vermeiden Sie allerdings, Waren eigenmächtig bei Ihrem Kunden abzuholen, da dies nicht nur eine Herausgabeklage des Insolvenzverwalters, sondern auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen könnte (z.B. Hausfriedensbruch etc.).


Dokumentieren Sie stattdessen laufend den aktuellen Bestand Ihres beim Kunden noch vorhandenen Vorbehaltseigentums bzw. den Zahlungseingang sorgfältig. Nehmen Sie im Falle der Insolvenzeröffnung schriftlichen Kontakt zum Insolvenzverwalter auf, legen diesem alle relevanten Unterlagen (Verträge, Liefer- und Begleitpapiere) vor und verlangen unter Setzung einer Zahlungsfrist, die zur Prüfung des Sachverhalts angemessen ist (14 Tage), Herausgabe Ihres Eigentums. Sollte diese Frist ergebnislos verstreichen, wäre eine Herausgabeklage zu erwägen, aber unter keinen Umständen Selbsthilfe auszuüben. 

Sofern nicht nur wie oben ein einfacher Eigentumsvorbehalt vereinbart wurde, sondern ein verlängerter Eigentumsvorbehalt, gelten Besonderheiten. Bei einem verlängerten Eigentumsvorbehalt haben Sie Ihrem Kunden (Vorbehaltskäufer) die Ermächtigung eingeräumt, die Vorbehaltsware an seine Kunden (Endkunden) weiterzuverkaufen, während dieser Ihnen im Gegenzug die aus diesem Weiterverkauf resultierenden Kaufpreisforderung gegen den Endkunden im Voraus abgetreten haben, wobei dieser gleichzeitig von Ihnen ermächtigt wurde, die Kaufpreisforderung in eigenem Namen bei dem Endkunden einzuziehen. Sollte ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Vorbehaltskäufers eröffnet werden und die Ware noch nicht durch den Vorbehaltskäufer weiterveräußert worden sein, ergeben sich aus dem verlängerten Eigentumsvorbehalt gegenüber dem einfachen Eigentumsvorbehalt (s.o.) keine Besonderheiten. Anderes gilt im Falle des Weiterverkaufs der Vorbehaltsware an den Endkunden. In dem Fall wären Sie nicht mehr Eigentümer der Ware, sondern zunächst Inhaber der im Voraus auf Sie abgetretenen Kaufpreisforderung gegen den Endkunden. Rechtlich gesehen bleibt es bei einem Aussonderungsrecht, welches Ihnen aber nicht mehr an der Ware, sondern an der Kaufpreisforderung zusteht. Sollte der Vorbehaltskäufer bzw. später der Insolvenzverwalter diese Kaufpreisforderung allerdings bereits eingezogen haben, bestünde kein Aussonderungsrecht mehr, sondern lediglich ein sogenanntes „Absonderungsrecht“ an dem Erlös aus dem Warenverkauf.


Unter Umständen wird sich in diesem Zusammenhang die Frage stellen, ob dieser Erlös noch identifizierbar im Vermögen des Insolvenzschuldners vorhanden ist. In jedem der genannten Fälle sollten Sie den Insolvenzverwalter zur Wahrung Ihrer Rechte schriftlich unter Vorlage von Nachweisen von der Vereinbarung eines verlängerten Eigentumsvorbehalts (z.B. in AGB), der Lieferung Ihrer Ware (Lieferscheine, Rechnungen etc.) sowie der Weiterlieferung dieser Ware an den Endkunden in Kenntnis setzen und Ihr Aussonderungsrecht bzw. Absonderungsrecht unter Setzung einer Frist, welche zur Prüfung des Sachverhalts angemessen ist, geltend machen. Machen Sie Ihre Rechte frühzeitig geltend, da verspätete Anmeldungen zu Verlusten führen können.

Sichern Sie Ihre Warenlieferungen stets durch schriftliche Eigentumsvorbehaltsklauseln ab und reagieren Sie umgehend, wenn ein Kunde insolvent wird. Unsere Kanzlei prüft Ihre Verträge und unterstützt Sie bei der Durchsetzung von Aus- und Absonderungsrechten gegenüber dem Insolvenzverwalter. Lassen Sie sich beraten.

Haftungsausschluss

Der Inhalt dieses Blogbeitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Vor dem Hintergrund der Komplexität und des ständigen Wandels der Rechtsmaterie schließen wir die Haftung und Gewähr für den Inhalt dieses Blogbeitrages aus. Dieser Blogbeitrag ersetzt nicht die individuelle persönliche Beratung durch einen Rechtsanwalt und/oder Steuerberater.

Kontaktformular für unverbindliche Mandatsanfragen

Ich habe die Datenschutzinformationen zur Kenntnis genommen. Ich stimme zu, dass meine Angaben ausschließlich für die Kontaktaufnahme und für Rückfragen gespeichert werden.

Schreiben Sie unsTermin vereinbaren040 / 37 68 04 0Zum Seitenanfang