Änderungen des Hamburger Kinderbetreuungsgesetzes (KibeG) in Kraft

Kindertagesbetreuung (Kita)
03.02.2025

Darin auch:  Neuregelungen über Zuzahlungen für Hamburger Kitas

Am 27. November 2024 hat die Hamburgische Bürgerschaft einen Gesetzentwurf mit Änderungen des Hamburger Kinderbetreuungsgesetzes (KibeG) einstimmig - bei Enthaltung der Linken und der AfD – angenommen. Die Neuregelungen dieses „Zehnten Gesetzes zur Änderung des Hamburger Kinderbetreuungsgesetzes“ gelten seit dem 14. Dezember 2024 (siehe Drucksache 22/16428 der Hamburgischen Bürgerschaft und Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt vom 13.Dezember 2024, HmbGVBl. Nr. 37, S. 628).

Einige Regelungen des geänderten Hamburger Kinderbetreuungsgesetzes (KibeG)  geben für Kitas Anlass dazu, ihre Vertragsdokumente, welche für den Abschluss von Betreuungsverträgen mit Sorgeberechtigten verwendet werden und gegebenenfalls auch einzelne interne organisatorische Abläufe zu prüfen. 

Insbesondere sollten die folgenden Änderungen in den Blick genommen werden:

  • Betreuungsverträge können künftig auch in „Textform“ statt der strengeren „Schriftform“, aufgrund derer bislang stets eigenhändige Original-Unterschriften erforderlich waren, abgeschlossen werden;

  • Die Gesetzesänderungen beinhalten Erweiterungen der inhaltlichen und formalen Vorgaben zu Abschluss, Gestaltung und Beendigung des Betreuungsvertrags;

  • Es ist eine Regulierung und Begrenzung von elterlichen Zuzahlungen vorgesehen (siehe dazu unten nähere Ausführungen);

  • Es wird die Voraussetzung dafür geschaffen, dass 5-Stunden-Gutscheine künftig auch für Zeiträume von über einem Jahr bewilligt werden können (sogenannte XL-Gutscheine);

  • Für den Fall, dass ein Kind die Betreuungsleistung unter Glaubhaftmachung eines triftigen Grundes nicht in Anspruch nimmt, wird eine Begrenzung der weiteren Kostenerstattung auf drei Monate eingeführt (die Frist kann lediglich in Ausnahmefällen von der Behörde verlängert werden);

  • Einführung eines neuen § 36 KibeG betreffend die Außenspielflächen und einer etwaigen Nutzung von öffentlichen Spielplätzen durch Elementarkinder;

  • Es werden gesetzliche Regelungen über das Kita-Prüfverfahren, zu Folgen von etwaigen Pflichtverletzungen durch Kindertageseinrichtungen sowie der Zusammensetzung und Arbeit der Vertragskommission eingeführt;

  • Die für die Durchführung der zahnärztlichen Reihenuntersuchungen zuständige Behörde soll künftig die Namen und Geburtsdaten von zu untersuchenden Kindern sowie die Anschriften und Telefonnummern der Erziehungsberechtigten auch direkt bei den Kindertageseinrichtungen abfragen dürfen;

  • Hinsichtlich der Mitwirkung von Erziehungsberechtigten sollen Kindertageseinrichtungen neben den jährlichen Wahlen von ElternvertreterInnen aus einer Gruppe künftig zusätzlich alle zwei Jahre eine Wahl von VertreterInnen für den Bezirkselternausschuss unterstützen.

 

In den Blick genommen: Zuzahlungen an Kitas nur noch unter bestimmten Voraussetzungen

Die für sogenannte Zuzahlungen relevanten neuen gesetzlichen Regelungen innerhalb des Hamburger Kinderbetreuungsgesetzes sind die §§ 22b i.Vm. 18a KibeG-neu.

Was sind „Zuzahlungen“?

Der Begriff „Zuzahlungen“ wird in § 18a Abs.1. S. 1 KibeG lediglich sehr knapp in einem Halbsatz wie folgt definiert: Einmalige oder wiederkehrende finanzielle Verpflichtungen für zusätzliche Leistungen (Zuzahlungen) der Personensorgeberechtigten. Es geht also um Angebote der Kita, welche nicht über das Kita-Gutscheinsystem finanziert werden, also etwa zusätzliche Musik- oder Sprachangebote, Frühstück oder sonstige über das finanzierte Mittagessen hinausgehende Verpflegung.

Gemeint sein dürften also sämtliche Zahlungen an eine Kindertageseinrichtung, die über solche Beträge und Zahlungen hinausgehen, welche die jeweilige Kindertageseinrichtung im Rahmen des Kita-Gutscheinsystems erhält (mithin die Zahlung der Freien und Hansestadt Hamburg gemäß § 8  KibeG sowie eines etwaigen Familieneigenanteils gemäß § 9 KibeG). Eine explizite Definition in diesem Sinne ist allerdings weder dem Gesetz noch der Gesetzesbegründung zu entnehmen.

Was ist zur Zulässigkeit von Zuzahlungen nun gesetzlich geregelt worden?

Gemäß § 22b KibeG dürfen Zuzahlungen mit den Personensorgeberechtigten nur noch dann vereinbart werden, wenn solche Zahlungen den Vorgaben der Vereinbarung nach § 18a Absatz 1 oder Rechtsverordnung nach § 18a Absatz 2 entsprechen und die Kindertageseinrichtung als Gegenleistung für die Zahlungen zusätzliche Leistungen bei der Betreuung gegenüber dem Kind erbringen soll, die von den Sorgeberechtigten gewünscht sind. Vereinbarungen über Zuzahlungen sollen zudem – was die Kitas vor teils große Herausforderungen stellen kann - gemäß § 22b Abs. 2 KibeG jederzeit mit einer Frist von höchstens 12 Wochen kündbar sein. 

In einer Vereinbarung „über die Einzelheiten zu Zuzahlungen“, welche durch die Vertragskommission geschlossen wird oder – sollte eine solche nicht zustande kommen – durch eine vom Hamburger Senat zu erlassenden Rechtsverordnung, werden die Grundsätze für die Zulässigkeit einmaliger oder wiederkehrender finanzieller Verpflichtungen für zusätzliche Leistungen (Zuzahlungen) der Personensorgeberechtigten festgelegt. Dies ergibt sich aus dem neu eingeführten § 18a KibeG. Mit Stand Ende Januar 2025 wurde bislang weder eine Vereinbarung getroffen, noch eine Rechtsverordnung erlassen. Dies bliebt also vorerst abzuwarten.

Gemäß § 18a Abs. 1 Nr. 1 KibeG sind Zuzahlungen aber jedenfalls - und damit unabhängig von den noch zu schließenden Vereinbarungen innerhalb der Vertragskommission oder einer Rechtsverordnung - dann unzulässig, wenn die folgenden Voraussetzungen vorliegen:

„a) sie bereits gemäß §16 vereinbarte Leistungen betreffen,

b) es sich um Zuzahlungen für die Reservierung oder Freihaltung eines Platzes, für die Aufnahme in die Kindertageseinrichtung, für die Erstausstattung, für Kautionen oder vergleichbare Zahlungen handelt,

c) es sich um Zuzahlungen für die verpflichtende Mitgliedschaft in Träger- oder Fördervereinen oder für die Beteiligung an Verwaltungskosten der Träger handelt“

An diesen Punkten können sich Sorgeberechtigte und Kindertageseinrichtungen damit bereits heute grundsätzlich orientieren und ihre Praxis und Vereinbarungen prüfen.

Ab wann gelten die neuen Vorgaben?

Die gesetzlichen Regelungen traten am 14. Dezember 2024 in Kraft. Übergangsregelungen etwa für bereits bestehende Betreuungsvertragsverhältnisse wurden nicht geschaffen. Die gesetzlichen Regelungen gelten also bereits, allerdings existiert noch keine Verordnung des Senats oder eine Vereinbarung, welche innerhalb der Vertragskommission getroffen wurde zu etwaigen Einzelheiten gemäß §§ 15 Absatz 1 in Verbindung mit 18a Absatz 1 KibeG (Stand Ende Januar 2025). Lediglich an den in § 18a Abs. 1 Nr. 1 KibeG genannten Punkten, nach den Zuzahlungen auf jeden Fall unzulässig sein sollen, können sich Sorgeberechtigte und Kindertageseinrichtungen bereits heute grundsätzlich orientieren.

Rechtmäßigkeit der neuen gesetzlichen Vorgaben

Die neuen gesetzlichen Vorgaben für Vereinbarungen zwischen Sorgeberechtigten und Kindertageseinrichtungen zu etwaigen Zuzahlungen und zusätzlicher Leistungen stehen im Spannungsfeld zu der Gewährleistung der Trägervielfalt (§§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII) , dem Wunsch- und Wahlrecht von Sorgeberechtigten (§ 5 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII)  und schließlich der durch das Grundgesetz geschützten Berufsfreiheit und der Handlungsfreiheit der Kindertageseinrichtungen. Ob die Regelungen, bzw. die darauf gestützte Verordnung oder Vereinbarung mit den Mitgliedern der Vertragskommission sowie die folgende Handhabung durch die Hamburger Behörden im Einzelfall diesen höherrangigen Normen und insoweit auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus seinem Urteil vom 26. Oktober 2023 Az: BVerwG 5 C 6.22) entsprechen und gerichtlicher Kontrolle standhalten, wird abzuwarten sein.

Wir behalten die aktuellen Entwicklungen im Blick! Gern prüfen unsere Anwältinnen und Anwälte, ob sich für Ihre Kindertageseinrichtung Änderungen aus der neuen Gesetzeslage ergeben und beraten zu Möglichkeiten der Umsetzung.

Haftungsausschluss

Der Inhalt dieses Blogbeitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Vor dem Hintergrund der Komplexität und des ständigen Wandels der Rechtsmaterie schließen wir die Haftung und Gewähr für den Inhalt dieses Blogbeitrages aus. Dieser Blogbeitrag ersetzt nicht die individuelle persönliche Beratung durch einen Rechtsanwalt und/oder Steuerberater.

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