WEG-Recht: Bundesgerichtshof zur Änderung der vereinbarten Kostenverteilung durch Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer
Urteile vom 14. Februar 2025 - V ZR 236/23 und V ZR 128/23
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf der Grundlage des im Jahr 2020 reformierten Wohnungseigentumsrechts in zwei Verfahren weitere Vorgaben zu den Voraussetzungen gemacht, unter denen die Wohnungseigentümer eine von einer Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung abweichende Kostentragung beschließen können.
Verfahren V ZR 236/23
Im hier zu entscheidenden Fall wurden die Wohnungseigentümer, deren Einheit kein Tiefgaragenstellplatz zugeordnet war, durch Mehrheitsbeschluss an den Kosten der Sanierung der Tiefgarage beteiligt. Inwieweit es bei einer in der Gemeinschaftsordnung vereinbarten objektbezogenen Kostentrennung ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen kann, durch Beschluss auch die zuvor kostenbefreiten Wohnungseigentümer an den auf einen der Gebäudeteile entfallenden Erhaltungskosten zu beteiligen, war bislang ungeklärt. Nach dem bis zum 30. November 2020 geltenden Recht waren derartige Beschlüsse schon mangels Beschlusskompetenz ohne Weiteres nichtig. Der Bundesgerichtshof hat zu der neuen Rechtslage nun entschieden, dass es bei einer vereinbarten objektbezogenen Kostentrennung in der Regel ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht, durch Beschluss auch die übrigen Wohnungseigentümer an den auf diesen Gebäudeteil entfallenden Kosten zu beteiligen. Denn in typisierender Betrachtung ist davon auszugehen, dass die vereinbarte Kostentrennung für die konkrete Anlage grundsätzlich angemessen ist. Regelmäßig wird die objektbezogene Kostentrennung nämlich deshalb vereinbart, weil sich Gebrauch bzw. Gebrauchsmöglichkeiten besonders stark unterscheiden, wie es insbesondere in Anlagen mit unterschiedlich genutzten Gebäudeteilen oder in Mehrhausanlagen der Fall ist. Daher bedarf es in dieser Fallkonstellation - anders als bei üblichen Beschlüssen über die Änderung der Kostenverteilung - eines sachlichen Grundes, damit die Kosten auf alle Wohnungseigentümer verteilt werden dürfen. Wann ein sachlicher Grund für die Einbeziehung der übrigen Wohnungseigentümer besteht, hängt von der jeweiligen Fallgestaltung ab und lässt sich nicht abschließend vorgeben. Von einem sachlichen Grund ist aber wohl jedenfalls dann auszugehen, wenn die Schadensursache für den Schaden des Gebäudeteils von der gesamten Wohnungseigentumsanlage ausgeht.
Verfahren V ZR 128/23
In dem hier zu entscheidenden Fall privilegierte der Verteilungsschlüssel aus der Gemeinschaftsordnung die Teileigentümerinnen der Gewerbeeinheiten laut Bundesgerichtshof unbillig, weil die Gewerbeeinheiten gemessen an der Fläche nur mit etwa einem Viertel an den Kosten für Abgaben, Betriebskosten und Erhaltung beteiligt wurden und für diese Privilegierung kein sachlicher Grund bestand.
Nach § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG können die Wohnungseigentümer für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine abweichende Verteilung beschließen. Wie die Formulierung "bestimmte Arten von Kosten" zu verstehen ist, war bislang umstritten. Der Bundesgerichtshof hat jetzt entschieden, dass diese Formulierung lediglich das allgemein für Beschlüsse geltende Bestimmtheitserfordernis hervorhebt und keine darüberhinausgehenden Anforderungen begründet.
Die auf § 16 Abs. 3 WEG a.F. gestützte Änderung einer vereinbarten Verteilung von Betriebskosten, die bestimmte Wohnungseigentümer privilegierte, entsprach nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn es für die vereinbarte Privilegierung keinen sachlichen Grund gab. Der Bundesgerichtshof hat jetzt geklärt, dass die gleichen Grundsätze für die nunmehr eröffnete Änderung des Verteilungsschlüssels nach § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG gelten.