Wettbewerbsverbote im Gesellschaftsrecht

Wettbewerbsverbote dienen im Gesellschaftsrecht dazu, die wirtschaftlichen Interessen einer Gesellschaft zu schützen. Sie sollen verhindern, dass Gesellschafter oder Organmitglieder ihre Stellung missbrauchen, indem sie die Gesellschaft von innen aushöhlen oder Geschäftsgeheimnisse und Kundenbeziehungen für eigene Zwecke nutzen. Ohne solche Regelungen könnte ein Gesellschafter parallel konkurrierende Aktivitäten aufbauen und dadurch Geschäftschancen der Gesellschaft für sich verwenden. Wettbewerbsverbote sind deshalb Ausdruck der Treuepflicht, die Gesellschafter und Geschäftsführer zur Rücksichtnahme auf die Gesellschaft verpflichtet.

Im Folgenden werden die gesetzlichen Grundlagen des Wettbewerbsverbots je nach Gesellschaftsform erläutert, die Möglichkeiten und Grenzen vertraglicher Wettbewerbsverbote beschrieben sowie typische Fragen von Mandanten beantwortet.

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Gesetzliche Wettbewerbsverbote

Wettbewerbsverbot in OHG und GbR

Bei Personengesellschaften wie der offenen Handelsgesellschaft (OHG) und der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) regelt § 117 HGB ein gesetzliches Wettbewerbsverbot. Danach dürfen Gesellschafter nicht im gleichen Handelszweig konkurrierende Geschäfte betreiben oder sich an einer gleichartigen Handelsgesellschaft beteiligen. Kapitalbeteiligungen ohne Einfluss reichen nicht aus, um das Verbot auszulösen. Da die Treuepflicht in der GbR ebenfalls gilt, wird § 117 HGB entsprechend angewandt.

Der sachliche Anwendungsbereich richtet sich nach dem Unternehmensgegenstand der Gesellschaft; räumlich ist das Verbot auf die Märkte beschränkt, auf denen die Gesellschaft tätig ist oder tätig werden könnte. Es gilt für alle persönlich haftenden Gesellschafter, weil diese Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis besitzen und damit Zugriff auf vertrauliche Informationen haben. Das Verbot greift ab Eintritt in die Gesellschaft und endet grundsätzlich mit dem Ausscheiden; nachvertragliche Wettbewerbsverbote müssen ausdrücklich vereinbart werden.

Wettbewerbsverbot für Gesellschafter einer GmbH

Für Gesellschafter einer GmbH enthält das GmbH-Gesetz kein ausdrückliches Wettbewerbsverbot. Dennoch unterliegen Gesellschafter mit erheblichem Einfluss einem aus der allgemeinen Treuepflicht abgeleiteten Wettbewerbsverbot. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Gesellschafter eine Mehrheitsbeteiligung hält oder durch besondere Stimmrechte, Stimmbindungsverträge oder andere Sonderrechte maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung ausüben kann. Minderheitsgesellschafter ohne Einfluss unterliegen regelmäßig keinem gesetzlichen Wettbewerbsverbot. Das Wettbewerbsverbot erstreckt sich auf Tätigkeiten im Unternehmensgegenstand der GmbH und ist während der Mitgliedschaft in der Gesellschaft zu beachten.

Wettbewerbsverbot in der GmbH & Co. KG und der KG

In der Kommanditgesellschaft (KG) und der GmbH & Co. KG gilt § 117 HGB entsprechend. Persönlich haftende Gesellschafter und die Komplementär-GmbH unterliegen daher dem gesetzlichen Wettbewerbsverbot. Auch der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH muss aufgrund seiner Treuepflicht jede gegen das Wettbewerbsverbot verstoßende Handlung unterlassen.

Kommanditisten sind kraft Gesetzes nicht an das Wettbewerbsverbot gebunden, weil sie weder Geschäftsführungsbefugnis noch besonderen Einblick in die Geschäfte der Gesellschaft haben. Das Verbot kann jedoch eingreifen, wenn ein Kommanditist faktisch eine komplementärähnliche Stellung mit maßgeblichem Einfluss innehat.

Zeitliche und persönliche Reichweite

Das gesetzliche Wettbewerbsverbot gilt während der Zugehörigkeit zur Gesellschaft. Bei Gesellschaften besteht ohne vertragliche Vereinbarung kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot. Aufgelöst wird das Verbot auch mit der Auflösung oder Insolvenz der Gesellschaft. Personen, die zwar nicht Gesellschafter sind, aber aufgrund Treuhand-, Unterbeteiligungs- oder sonstiger Vereinbarungen einen beherrschenden Einfluss ausüben, können dem Wettbewerbsverbot ebenfalls unterfallen.

Vertragliche Wettbewerbsverbote

Sinn und Zweck

Da die Reichweite gesetzlicher Wettbewerbsverbote häufig unklar ist, werden Wettbewerbsverbote in der Praxis vertraglich vereinbart. Durch eine klare Regelung im Gesellschaftsvertrag oder in einer Nebenvereinbarung können die Gesellschafter den Umfang, die Dauer und die räumliche Reichweite des Verbots präzise festlegen und damit Rechtssicherheit schaffen. Vertragliche Wettbewerbsverbote können auch dann greifen, wenn Gesellschafter aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen nicht an ein Verbot gebunden wären.

Anforderungen an vertragliche Wettbewerbsverbote

Ein wirksames vertragliches Wettbewerbsverbot muss bestimmten rechtlichen Anforderungen genügen. Es darf insbesondere nicht gegen die guten Sitten oder die Grundrechte der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) verstoßen. Die Vereinbarung muss zeitlich, räumlich und gegenständlich begrenzt sein und zur Erreichung des vertraglichen
Hauptzwecks sachlich erforderlich sein. Bei der Gestaltung ist ferner das Kartellrecht und die AGB-Kontrolle zu beachten.

Die Reichweite wird üblicherweise anhand folgender Punkte bestimmt:

  • Geschäftsbereich der Gesellschaft – das Verbot darf sich nur auf Branchen und Tätigkeiten beziehen, die mit dem Unternehmensgegenstand konkurrieren.
  • Dauer des Verbots – während der Mitgliedschaft oder für eine vereinbarte Dauer nach dem Ausscheiden. Nachvertragliche Verbote dürfen in der Regel nicht länger als zwei Jahre dauern.
  • Geografische Reichweite – das Wettbewerbsverbot muss auf das Gebiet beschränkt sein, in dem die Gesellschaft tatsächlich tätig ist oder berechtigte Geschäftsinteressen hat.
  • Entgeltlichkeit – für nachvertragliche Wettbewerbsverbote ist eine angemessene Entschädigung zu zahlen. Nach § 74 Abs. 2 HGB muss die Entschädigung mindestens 50 % der zuletzt bezogenen vertraglichen Leistungen betragen. Fehlt eine Entschädigungsregelung, kann das Verbot unwirksam sein, es sei denn der Gesellschafter erhält während der Dauer des Verbots weiterhin seine Vergütung.

Nachvertragliches Wettbewerbsverbot

Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot entsteht nur aufgrund einer Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag oder in einem separaten Vertrag. Im Rahmen einer Zwei-Stufen-Prüfung muss geprüft werden, ob

  1. die Gesellschaft ein schützenswertes Interesse an der Untersagung der Konkurrenztätigkeit hat (z. B. Schutz des Kundenstamms oder von Geschäftsgeheimnissen);
  2. das Wettbewerbsverbot den Gesellschafter unter Berücksichtigung einer etwaigen Karenzentschädigung nicht unbillig in seiner Berufsausübungsfreiheit beschränkt.

Je einschneidender das Verbot für den Gesellschafter ist, desto eher ist eine Karenzentschädigung zu zahlen. Geringfügige Wettbewerbsverbote, etwa reine Kundenschutzklauseln, können auch ohne Entschädigung zulässig sein, sofern sie zeitlich und räumlich angemessen begrenzt sind.

Befreiung und Zustimmung

Gesellschafter können von den Mitgesellschaftern sowohl vom gesetzlichen als auch vom vertraglichen Wettbewerbsverbot befreit werden. Eine stillschweigende Einwilligung wird vermutet, wenn die Mitgesellschafter bei Aufnahme des neuen Gesellschafters Kenntnis von dessen konkurrierender Tätigkeit hatten. Auch bei personengesellschaftlichen Wettbewerbsverboten kann eine Befreiung beschlossen werden, wenn alle Gesellschafter zustimmen.
 

Wettbewerbsverbot für Geschäftsführer

Geschäftsführer unterliegen während ihrer Amtszeit grundsätzlich einem aus der Treuepflicht abgeleiteten gesetzlichen Wettbewerbsverbot. Nach § 43 GmbHG müssen sie die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns anwenden und im Interesse der GmbH handeln; daher dürfen sie keine konkurrierenden Unternehmen gründen oder für solche tätig werden.

Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot für Geschäftsführer ist nicht gesetzlich vorgeschrieben, kann aber im Anstellungsvertrag oder im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden. Solche Vereinbarungen sind nur wirksam, wenn sie zeitlich angemessen sind (in der Regel maximal zwei Jahre), eine angemessene Entschädigung vorsehen und räumlich sowie inhaltlich nicht über das erforderliche Maß hinausgehen. Gerichte können ein weltweites Wettbewerbsverbot ausnahmsweise für zulässig erklären, wenn die GmbH international tätig ist und der Geschäftsführer besondere Kenntnisse besitzt.

Wettbewerbsverbote für Geschäftsführer sind unwirksam, wenn sie den Geschäftsführer unangemessen behindern (Bagatellklausel) oder ihm unzumutbare Härten auferlegen. Wird der Anstellungsvertrag aus wichtigem Grund beendet, kann das Wettbewerbsverbot unwirksam werden.

Folgen bei Verstößen

Ein Verstoß gegen das gesetzliche oder vertragliche Wettbewerbsverbot kann erhebliche Konsequenzen haben:

  • Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche: Die Gesellschaft kann den wettbewerbswidrig handelnden Gesellschafter oder Geschäftsführer auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch nehmen.
  • Einschränkung von Mitgliedschaftsrechten: Steht der Gesellschafter in Konkurrenz zur Gesellschaft, können seine Informations- und Verwaltungsrechte eingeschränkt werden, um Missbrauch zu verhindern.
  • Ausschluss aus der Gesellschaft: Bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen kann der Gesellschafter aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Das Wettbewerbsverbot dient dem Schutz des Unternehmens vor illoyalen Gesellschaftern.
  • Rückforderung von Geschäftschancen: Geschäftsführer dürfen Geschäftschancen der Gesellschaft nicht für sich nutzen und müssen erzielte Gewinne an die Gesellschaft herausgeben.

Gestaltungshinweise für die Praxis

  1. Präzise Regelungen: Legen Sie im Gesellschaftsvertrag fest, ob und in welchem Umfang Gesellschafter einem Wettbewerbsverbot unterliegen sollen. Definieren Sie klar den Unternehmensgegenstand, den geografischen Geltungsbereich und die Dauer des Verbots.
  2. Verhältnismäßigkeit wahren: Übermäßige Beschränkungen können unwirksam sein oder eine Entschädigungspflicht auslösen. Orientieren Sie sich an der zweijährigen Höchstdauer und achten Sie darauf, dass das Verbot nur den berechtigten Schutzbedarf der Gesellschaft abdeckt.
  3. Karenzentschädigung: Wenn ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart wird, sollte eine angemessene Entschädigung vorgesehen werden. Sie muss mindestens 50 % der zuletzt bezogenen Vergütung betragen.
  4. Befreiung und Zustimmung: Prüfen Sie, ob Mitgesellschafter die Wettbewerbstätigkeit eines Gesellschafters stillschweigend genehmigt haben. Nur ausdrücklich vereinbarte Verbote verhindern eine später behauptete Befreiung.
  5. Rechtliche Beratung: Die Ausgestaltung von Wettbewerbsverboten erfordert Kenntnisse des Gesellschafts-, Kartell- und Arbeitsrechts. Eine kompetente Beratung stellt sicher, dass die Klauseln wirksam sind und spätere Streitigkeiten vermieden werden. 

FAQ

Wettbewerbsverbote sind ein zentrales Instrument zur Wahrung der Loyalität und des Vertrauens in Gesellschaften. Je nach Gesellschaftsform gelten unterschiedliche gesetzliche Regelungen. In der Praxis bietet die vertragliche Gestaltung den größten Spielraum, muss jedoch sorgfältig ausgearbeitet werden, um wirksam zu sein und Anfechtungen zu vermeiden. VENTUS berät Gesellschafter, Geschäftsführer und Unternehmen bei der Erstellung und Durchsetzung von Wettbewerbsverboten und unterstützt bei Streitigkeiten über deren Umfang und Wirksamkeit.

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