Geschäftsführeranstellungsvertrag im Gesellschaftsrecht

Der Geschäftsführer einer Gesellschaft steht im Zentrum des Unternehmens und trägt in wirtschaftlicher, steuerlicher und rechtlicher Hinsicht eine enorme Verantwortung. Ein individuell ausgearbeiteter Geschäftsführeranstellungsvertrag (auch Geschäftsführervertrag oder Anstellungsvertrag für Geschäftsführer genannt) schafft die vertragliche Grundlage für dieses Organverhältnis.

Er stellt sicher, dass Rechte und Pflichten klar festgelegt sind und verhindert so Unsicherheiten oder spätere Konflikte zwischen den Gesellschaftern und der Geschäftsführung. Standard-Musterverträge reichen dafür meist nicht aus – stattdessen sollte der Vertrag an die Branche, die Gesellschaftsstruktur und die Person des Geschäftsführers angepasst werden.

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Rechtsnatur und Abgrenzung zum Arbeitsvertrag

Der Geschäftsführeranstellungsvertrag ist kein „klassischer“ Arbeitsvertrag, sondern ein Dienstvertrag im Sinne des § 611 BGB. Geschäftsführer handeln im Außenverhältnis eigenverantwortlich und repräsentieren das Unternehmen, sie unterliegen daher nicht den Weisungen wie Arbeitnehmer. Anders als Arbeitnehmer genießen Geschäftsführer regelmäßig weder Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz noch gelten arbeitsrechtliche Schutzvorschriften wie das Arbeitszeitgesetz oder das Bundesurlaubsgesetz.

Verhältnis zur Satzung und zur Bestellung

Der Geschäftsführeranstellungsvertrag ergänzt das Gesellschaftsrecht und steht im engen Zusammenhang mit der Satzung (Gesellschaftsvertrag) und dem Bestellungsvorgang. Die Satzung legt die grundlegenden Regeln für die Organisation der Gesellschaft fest und hat gegenüber dem Anstellungsvertrag Vorrang. Deshalb dürfen dem Geschäftsführer im Vertrag keine Befugnisse eingeräumt werden, die der Satzung widersprechen, beispielsweise eine Alleinvertretung, wenn die Satzung nur Gesamtvertretung vorsieht. Änderungen der Satzung können Auswirkungen auf den Anstellungsvertrag haben und machen Anpassungen erforderlich.

Bestellung und Anstellungsvertrag sind getrennte Rechtsverhältnisse: Die Bestellung des Geschäftsführers durch die Gesellschafterversammlung begründet die Organstellung, der Anstellungsvertrag regelt das schuldrechtliche Dienstverhältnis. Eine Abberufung beendet nicht automatisch den Anstellungsvertrag und umgekehrt. Um beide Rechtsverhältnisse aufeinander abzustimmen, sehen viele Verträge sogenannte „Kopplungsklauseln“ vor. Diese bewirken, dass der Vertrag bei Abberufung automatisch endet. Solche Klauseln sind jedoch problematisch, weil sie nach AGB-Recht unwirksam sein können.

Form und Abschluss

Für Geschäftsführeranstellungsverträge gibt es keine gesetzlichen Formvorschriften; sie können theoretisch auch mündlich geschlossen werden. In der Praxis ist davon dringend abzuraten. Ohne schriftliche Fixierung fehlen klare Beweise über die Vereinbarungen, was bei Streitigkeiten zu erheblichen Risiken führt. 

Außerdem akzeptieren Finanzbehörden mündliche Verträge meist nicht, sodass bei Betriebsprüfungen hohe Steuer- und Sozialversicherungsnachzahlungen drohen. Aus Beweis- und Haftungsgründen sollten Geschäftsführeranstellungsverträge stets schriftlich abgeschlossen werden und durch einen Gesellschafterbeschluss legitimiert werden.

Typische Inhalte eines Geschäftsführeranstellungsvertrags

Ein professionell gestalteter Vertrag sollte die besonderen Anforderungen der Gesellschaft und der Person des Geschäftsführers berücksichtigen. Zu den wichtigsten Regelungsbereichen gehören unter anderem:

Beginn, Dauer und Aufgabenbereich

Der Vertrag sollte

  • den Zeitpunkt des Dienstbeginns,
  • die Laufzeit (befristet oder unbefristet)
  • und mögliche Verlängerungsklauseln eindeutig bestimmen.

Befristete Verträge enden automatisch; bei unbefristeten Verträgen gelten vertraglich vereinbarte oder gesetzliche Kündigungsfristen.

Der Aufgaben- und Verantwortungsbereich ist ausführlich zu beschreiben; dazu gehören Ressortzuständigkeiten (z. B. Finanzen, Vertrieb, Produktion) und die Pflicht zur Zusammenarbeit mit anderen Geschäftsführern.
Vertretungsbefugnis und zustimmungsbedürftige Geschäfte

Die Satzung sieht in oftmals Gesamtvertretung vor (§ 35 Abs. 2 GmbHG). Im Vertrag kann von dieser gesetzlichen Regel abgewichen werden, wenn beispielsweise Einzelvertretung gewünscht ist. Um Fehlentscheidungen und Haftungsrisiken zu vermeiden, sollten besonders riskante oder kostspielige Geschäfte (z. B. Immobiliengeschäfte, große Kreditverträge oder Investitionen) der Zustimmung der Gesellschafterversammlung unterstellt werden.

Vergütung und Nebenleistungen

Die Vergütung des Geschäftsführers besteht meist aus einem festen Grundgehalt und variablen Bestandteilen (Boni, Erfolgsprämien). Zusätzlich können Nebenleistungen wie Dienstwagen, Mobiltelefon, Laptop, betriebliche Altersversorgung oder Krankenversicherung vereinbart werden. Variable Vergütungen sollten klar an messbare Ziele geknüpft sein. Aus steuerlicher Sicht ist eine präzise Regelung wichtig, um Probleme bei der Lohnsteuer und der Sozialversicherung zu vermeiden.

Urlaub, Krankheit und Arbeitszeit

Da Geschäftsführer nicht automatisch unter das Arbeitszeit- und Urlaubsrecht fallen, müssen

  • Urlaubstage,
  • Urlaubsabgeltung,
  • Krankheitsentgelt
  • und die Arbeitszeit

ausdrücklich geregelt werden. Ohne entsprechende Klauseln besteht Unsicherheit darüber, ob Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Urlaubsgeld besteht.

Haftung, Sorgfaltspflicht und D&O-Versicherung

Geschäftsführer unterliegen strengen Sorgfalts- und Treuepflichten nach § 43 GmbHG. Sie haben die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns anzuwenden und müssen sich laufend über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens informieren. Bei Pflichtverletzungen oder verspäteter Insolvenzanmeldung drohen zivil- und strafrechtliche Haftungsrisiken. Um das persönliche Risiko zu begrenzen, sollte der Vertrag Haftungsfreistellungen (soweit rechtlich zulässig) und den Abschluss einer Directors & Officers (D&O)-Versicherung vorsehen.

Wettbewerbsverbot und Verschwiegenheit

Während der Vertragslaufzeit darf der Geschäftsführer keine konkurrierenden Tätigkeiten ausüben. Ein ausdrückliches Wettbewerbsverbot konkretisiert dieses Verbot und kann auch nachvertraglich gelten. Das Wettbewerbsverbot darf die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit des Geschäftsführers jedoch nicht unverhältnismäßig einschränken; Klauseln, die nachvertragliche Konkurrenztätigkeiten länger als zwei Jahre verbieten, werden von der Rechtsprechung als unzulässig betrachtet. Ebenso sollte eine umfassende Verschwiegenheitsklausel vereinbart werden; der Geschäftsführer darf keine vertraulichen Informationen oder Geschäftsgeheimnisse preisgeben.

Kündigung, Abberufung und Abfindung

Der Vertrag muss Kündigungsregelungen und Kündigungsfristen sowie das Verhältnis zur Abberufung als Organ klären. Gesellschafter können einen Geschäftsführer jederzeit abberufen; das Dienstverhältnis endet dadurch jedoch nicht automatisch.
Um die Interessen beider Seiten auszugleichen, vereinbaren viele Verträge längere Kündigungsfristen oder Abfindungsregelungen. Bei befristeten Verträgen ist festzulegen, ob eine automatische Verlängerung erfolgt. Weitere Regelungen sollten Einvernehmen über Freistellung nach Kündigung, Zahlung offener Boni oder die Rückgabe von Dienstwagen betreffen.  

Zusätzliche Klauseln

Abhängig von Branche und Unternehmensstruktur können weitere Vereinbarungen sinnvoll sein, zum Beispiel:

  1. Selbstkontrahieren (§ 181 BGB): § 181 BGB verbietet Vertretern, mit sich selbst oder als Vertreter mehrerer Personen Verträge abzuschließen. Der Geschäftsführer kann im Vertrag von diesem Verbot befreit werden, wenn dies für den Geschäftsablauf erforderlich ist.
  2. Urheber- und Software-Klauseln: Bei kreativen oder technologischen Geschäftsführern sollte der Vertrag festlegen, wem die Rechte an entwickelten Werken oder Software zustehen.
  3. Kopplungsklauseln: Wie oben erwähnt, verknüpfen Kopplungsklauseln die Abberufung mit der Kündigung des Anstellungsvertrags. Ihre AGB-Beständigkeit muss geprüft werden.

Gesellschafter-Geschäftsführer versus Fremdgeschäftsführer

Ob der Geschäftsführer zugleich Gesellschafter ist oder als externer Manager agiert, hat rechtliche Auswirkungen. Gesellschafter-Geschäftsführer sind direkt am Unternehmenserfolg beteiligt und besitzen meist eine starke Bindung zum Unternehmen. Diese Doppelfunktion kann jedoch zu Interessenkonflikten zwischen der Rolle als Gesellschafter und der Pflicht als Geschäftsführer führen. Externe Geschäftsführer bringen häufig branchenübergreifende Erfahrung und einen objektiveren Blickwinkel mit. Sie sind jedoch möglicherweise weniger eng mit dem Unternehmen verbunden und erwarten oftmals höhere Vergütungspakete.

Im Vertrag ist deshalb zu regeln, wie Beteiligungen, Gewinnbeteiligungen oder Stimmrechte das Dienstverhältnis beeinflussen, und ob aufgrund von Mehrheitsbeteiligungen Sozialversicherungspflicht besteht.

Fazit – Warum professionelle Beratung wichtig ist

Ein gut strukturierter Geschäftsführeranstellungsvertrag sorgt für Rechtssicherheit und Vertrauen. Er legt die Regeln für die Zusammenarbeit fest, definiert Aufgaben, beschränkt Haftungsrisiken, berücksichtigt steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Aspekte und verhindert so langwierige Streitigkeiten.

Musterverträge oder mündliche Absprachen reichen für diese komplexe Position nicht aus. Die Anpassung des Vertrags an die individuelle Unternehmenssituation sowie die Kontrolle der Vereinbarkeit mit Gesellschaftsrecht und Steuerrecht sollte immer von spezialisierten Rechtsanwälten und Steuerberatern vorgenommen werden.

Als interdisziplinäre Kanzlei mit Rechtsanwälten und Steuerberatern bietet VENTUS eine umfassende Beratung bei der Gestaltung, Prüfung und Aktualisierung von Geschäftsführeranstellungsverträgen. Wir unterstützen Sie dabei, die Interessen der Gesellschaft und des Geschäftsführers in Einklang zu bringen und Haftungsrisiken zu minimieren. 

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